Kirchstraße, 48341 Altenberge
Altenberge zählt auf Grund seiner ursprünglichen Ausdehnung zu den Urpfarren des Bistums Münster, die von Bischof Liudger gegründet worden sind. Die erste Kirche wurde unterhalb des Paschhügels in der Nähe des heutigen Ortsmittelpunktes „Schild“ gebaut.
Das Patronat des heiligen Johannes Baptist weist auf einen der ersten Taufplätze unseres Gebietes hin. Über tausend Jahre alte Tonscherben (sogenannte Kumpfkeramik), die im Sommer 1970 bei Ausgrabungen in der Kirche gefunden wurden, scheinen das hohe Alter der Siedlung zu bestätigen. Damals wurde auch der Grundriss einer romanischen Kirche mit Apsis aus dem 12. Jahrhundert freigelegt, deren viereckiger Turm im Jahre 1882 abgebrochen wurde.
Äußeres
Von 1882–84 wurde die Kirche durch den bekannten Architekten Hilger Hertel d.Ä. aus Münster um ein Joch nach Westen erweitert, außerdem wurde der 75 Meter hohe, weithin sichtbare Turm gebaut. Die ersten drei Joche sowie der Chorraum mit 5/8 Schluss stammen aus der Mitte des 14. Jahrhunderts, ebenso das prächtige Südportal, das früher als Haupteingang diente. Sein Fenster mit dem feingegliederten Maßwerk und das verzierte Doppelportal bilden eine harmonische Einheit. Zu beiden Seiten sind alte Sonnenuhren zu erkennen. Auffallend sind die drei Quergiebel über den schlanken Fenstern. Ihretwegen konnte die Kirche mit einem niedrigeren Dach als üblich gedeckt werden. In der südlichen Außenwand des Sakristeineubaus ist der Grundstein der alten Sakristei mit der Jahreszahl 1590 eingelassen.
Seit April 2003 schmückt eine neue Johannes-Figur aus Sandstein das Hauptportal, geschaffen von dem Sendener Künstler B. Klöter.
Auf dem Wege zum Südportal steht linker Hand eine überlebensgroße Bronze-Plastik Johannes des Täufers, die von einem ungenannten Stifter dort aufgestellt worden ist. Die Statue war nach einer erhaltenen Originalgussform des 1966 in Telgte gestorbenen Künstlers Hans Dinnendahl gestaltet und Ende 1983 aufgestellt worden.
Inneres
Als einzige Kirche des Kreises besitzt sie Rundpfeiler mit vier schlanken, runden Vorlagen, den sogenannten Diensten, wie man sie in der Lamberti- und der Überwasserkirche zu Münster vorfindet.
Besondere Beachtung verdienen drei Schluss-Steine mit den Köpfen Christi, des hl. Nikolaus und einer Blattmaske. Vor allem der Christuskopf über dem Chor kann nach fachmännischem Urteil als einer der besterhaltenen dieser Art im westfälischen Raum angesehen werden. Bei der vorletzten Restaurierung wurden im Chorgewölbe Reste spätgotischer Rankenmalerei freigelegt, die etwa aus der Mitte des 15. Jahrhunderts stammen und damals die Gewölbe vieler Kirchen zierten.
Aus der Erbauungszeit der hochgotischen Hallenkirche stammt das Sakramentshäuschen im linken Teil des Chorraumes.
Der Kreuzigungsaltar im rechten Seitenschiff aus dem Jahr 1625 ist noch vollständig erhalten. In einem kräftigen Rahmen von zwei korinthischen Säulen, die ein antikisierendes Gebälk tragen, ist eine vielfigurige Kreuzigung dargestellt.
Der linke Seitenaltar aus dem Jahre 1630, ebenfalls von Gröninger, zeigt die Taufe Jesu durch Johannes im Jordan. Die Umrahmung dieses Täuferaltars stammt aus einer späteren Zeit, wohl aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts.
Das Ewige Licht ist 1689 entstanden. Eine Inschrift weist auf die vermuteten Stifter hin: Schulze Lembeck und Schulze Greving.
Der holzgeschnitzte Hochaltar aus der Langeberg’schen Schule (Niederrhein) mit der Jahreszahl 1893 ist als Flügelaltar ausgebildet und kann aufgeklappt werden. Dann werden einige reliefartige Bilder und Szenen aus dem Leben Jesu sichtbar. Die drei Gemälde im Nazarenerstil auf der Vorderseite des geschlossenen Altares stammen von A.P. Windhausen aus Goch, ebenso die Prophetenbilder rechts und links des Tabernakels. Die Vorderseite des Altartisches ist ausgefüllt mit Sandsteinreliefs. Die alttestamentlichen Szenen weisen auf das Kreuzesopfer Jesu.
Nach der Liturgiereform wurde im Jahre 1970 ein neuer Altartisch aus französischem Muschelkalkstein aufgestellt. Gestaltet von dem Emsdettener Bildhauer Daubenspeck, zeigt er auf der Vorderseite die Traube: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben“. Auf der linken Seite ist das Kreuz mit den fünf blutenden Wunden dargestellt, auf der rechten Seite das Lamm als Zeichen der Eucharistie.
Die drei mittleren Chorfenster im Nazarenerstil stellen Szenen aus dem Leben Johannes des Täufers dar. Die vier Evangelisten an den beiden Pfeilern eingangs des Chorraumes stammen von dem alten Predigtstuhl, der bei der ersten Restaurierung 1960 entfernt worden ist. Zum Altar passend der Ambo, von dem das Wort Gottes gesprochen wird. Der Mensch ist angewiesen auf die Hand Gottes. Deshalb zeigt der Ambo auf einem reich gegliederten Hintergrund zwei nach oben gestreckte Hände und eine von oben her entgegenkommende Hand. Das in der Sakristei gesicherte Lesepult ist ein bedeutendes Werk der Spätgotik um 1500, aus unbemalter Eiche. Der schraubenförmig gedrehte Schaft – ein Meisterstück mittelalterlicher Drechslerkunst – lässt es unstabil und zugleich bewegt erscheinen. Die Statuen „Madonna“ und „St. Joseph“ am rechten Pfeiler bzw. im nördlichen Seitenschiff stammen beide aus der Werkstatt des bekannten Altenberger Bildhauers Theodor Feigeler (1856–1903). Die kolorierte Sandsteinplastik „Hl. Maria mit dem Kinde“ an der Westwand des Hauptschiffes gehört zur neugotischen Ausstattung der Kirche. Die kleine Chororgel im südlichen Seitenschiff ist eine italienische Arbeit aus der Zeit 1800 und stammt aus einem Dorf in der Nähe von Mailand. Das mit elf Registern sowie mit Schleifladen und mechanischer Traktur ausgestattete Instrument wurde im Jahre 1979 erworben und hier aufgebaut. An den Rundpfeilern des älteren Teils sind mehrere Steinmetzzeichen zu sehen, die nach Entfernung der Farbschichten freigelegt worden sind. Sie stammen aus der Bauzeit dieses Teils und haben verblüffende Ähnlichkeiten mit Zeichen in der St. Dionysius-Kirche zu Rheine.
Der große Kronleuchter im Mittelschiff mit seinen 18 Armen in zwei Stockwerken ist wohl eine niederländische Arbeit des 17. oder 18. Jahrhunderts. Ebenso verhält es sich mit dem kleineren, achtarmigen flämischen Kronleuchter, der mit reichem Rankenschmuck verziert ist. An den Wänden der Seitenschiffe hängen 14 auf Kupfer gemalte Kreuzwegstationen. Sie stammen von Johann Bartscher aus Oelde und sind gestaltet nach den „Compositionen der Kreuzweg-Gemälde im Dome zu Antwerpen“. 1890 sind sie in der Altenberger Kirche aufgehängt und später mit Holzrahmen versehen worden. Die barocke Piéta in der südlichen Turmkapelle stammt etwa aus dem 17. Jahrhundert. Nach erfolgter Restaurierung wurde die aus dem Jahr 1648 datierte Holztafel „Moses mit den Geboten“ mit dem Dekalog und den fünf Kirchgeboten in Plattdeutsch im südlichen Seitenschiff aufgehängt. Dieses Werk gilt als einzigartig! Der durch seine Schlichtheit beeindruckende Taufstein „ANNO 1747“ ist aus einem einzigen Sandsteinblock gearbeitet. Die Ikone Johannes des Täufers (im Turm) ist gemalt von einer Karmelitin im Libanon. Die Orgel wurde gebaut vom Orgelbaumeister Alfred Führer aus Wilhelmshaven und 1972 aufgestellt weist sie 24 Register mit zwei Manualen und einem Pedal auf. Echte Bronzeglocken überkommener Art, 1946 in der Gießerei Petit und Edelbrock in Gescher hergestellt. Johannes-Glocke DES, 2.130 kg Marien-Glocke ES, 1.450 kg Ludgerus-Glocke F, 1.028 kg Theresia-Glocke AS, 570 kg Gewicht.
(aus dem Kurzführer „St. Johannes Baptist Altenberge“ von Karl-Heinz Stening)